100 Jahre Kirche Schnega
Bericht aus der EJZ vom 27.08.2013
Schnega. Es ist gar nicht so leicht, die richtige Bezeichnung für die kirchlichen Feiern in
Schnega in diesen Tagen zu finden. Geht es bei dem Jubiläum um einen Erweiterungs- oder einen Neubau?
-Michaelis-Kirche würde auch voraussetzen, dass die Kirche schon lange so heißt. Aber stimmt das
überhaupt? Licht in die historischen Nebel um den Kirchenbau vor 100 Jahren brachte am Freitagabend der ehemalige Bürgermeister von Schnega und spätere Ministerialbeamte Horst
Rakow. Danach steht wenigstens eines fest: Beim Erntedankfest 1913 wurde die heute bestehende Kirche eingeweiht. Vieles andere dagegen bleibt dem Historiker auch nach
gründlichem Studium alter Unterlagen unklar. Das gilt für den Zeitpunkt, von dem ab in diesem Ort überhaupt ein Kirchenbau stand. Wie lange vor 1230 war das? In jenem Jahr wurde die Bedeutung
des Kirchensitzes in Schnega erstmals beurkundet. Seit 1264 sind die Namen der Pröpste, die hier ihren Sitz hatten, nachweisbar. Das gilt bis zu dem Zeitpunkt im 16. Jahrhundert, als die Grafschaft
Warpke aufgelöst und Lüchow angegliedert wurde. Schnega war der Kirchensitz der Warpker Grafen.
Rakow war sich in seinem Festvortrag sicher, dass es dort schon um 1100 eine Kirche gab. Wobei an dieser Vorzeit wohl einiges umgeschrieben werden
muss. Bisher ging die regionale Geschichtsschreibung davon aus, dass die Christianisierung des Wendlandes vom Kloster Diesdorf aus erfolgte. Das hält
Rakow für einen Irrtum. Vielmehr sei diese Mission vom Kloster Oldenstadt ausgegangen. Ende des 19. Jahrhunderts wollte die Schnegaer
Kirchengemeinde ein vollständig neues Gotteshaus haben. Das lehnte das Kirchenamt jedoch ab. Der Platzmangel sollte stattdessen durch einen
Erweiterungsbau behoben werden. So enthält die heutige Kirche noch immer Bestandteile des Kirchenbaues aus der Zeit um 1100. Ansonsten aber ist
alles neu. Das gilt auch für den Turm, der ursprünglich keinen Eingang von der Front hatte. Beim Versuch, das zu ändern, fielen alte Turmteile in sich
zusammen. Das förderte den Beschluss, diesen Teil völlig neu zu bauen und um einige Meter vorzuverlegen. Rakow berichtete detailliert über die
Veränderung der Baupläne von 1912/1913. Aber schon in den vorangegangenen Jahrhunderten hatte es an der Schnegaer Kirche viele Veränderungen
gegeben. Der ursprünglich runde Turm wurde im 14.Jahrhundert mit Backstein eckig ummauert. Starke Veränderungen gab es auch im 18. Jahrhundert.
Im Februar 1912 wurde zum letzten Mal vor dem Um- und Erweiterungsbau der Gottesdienst in den alten Mauern abgehalten. Danach diente der alte
Schafstall als Notkirche. Die Abrechnung bezifferte die gesamten Baukosten auf 149000 Mark. Sie wurden ausschließlich aus der Gemeinde Schnega
aufgebracht, erklärte Rakow. Allerdings dauerte es Jahre, bis die Schlussrechnung feststand. Der erst Weltkrieg verhinderte eine frühere Abrechnung.
Einen weiteren Dämpfer auf die Gewissheiten versetzte Rakow seinen Zuhörern bei seinem Vortrag beim Kirchennamen. Wann der Name St. Michaelis
für die Kirche in Schnega aufgekommen ist, lässt sich nicht sagen. Alt ist diese Bezeichnung jedenfalls nicht. Erst 2005 wurde sie offiziell. Den erweiterten
Vortrag zur Geschichte der Kirche hat die Kirchengemeinde als Buch herausgegeben.
Bild: Die Protagonisten rund um das 100-jährige Jubiläum der Schnegaer Kirche: Andreas Hilbeck (von links), Wolfgang von Meltzing, Horst Rakow und
Pastor Andreas Wehen. Aufn.: K.-F. Kassel
|